Konformismus – Nein zum Herdenreflex

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Konformismus – Nein zum Herdenreflex
Bild: nepryakhin.ru
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Sie wollen im Job beliebt sein und am Büro- und Kollegenleben teilhaben? Natürlich, denn jeder Mensch ist ein soziales Wesen, und der Wunsch, einer sozialen Gruppe anzugehören, ist tief in uns verwurzelt. Jede Gruppe übt bewusst oder unbewusst einen gewissen Druck auf uns aus. Schauen wir uns den „Matching-Effekt“ genauer an!

Korrespondenz beschreibt also den Druck, den eine Gruppe auf eine Person ausübt. Diese Person passt sich dann bewusst oder unbewusst den Erwartungen der Gruppe an. Das ist im Prinzip nichts anderes als ein altbekannter Druck von anderen. Es gibt zwei verschiedene Formen des Matchings:

  1. Autoritätsdruck: Darunter kommt Druck von einer oder mehreren Personen in der Gruppe, die besondere Macht haben. Im Berufsleben wird diese Position oft von Vorgesetzten (Autorität durch Hierarchie), Mitarbeitern mit der größten Erfahrung (Autorität durch Kompetenz) oder auffälligen Narzissten besetzt, die als charismatische Persönlichkeiten wahrgenommen werden (natürliche Autorität). Der Druck der Autorität wird meist bewusst als Druck der Gruppenmitglieder wahrgenommen.
  2. Mehrheitsdruck: Mehrheitsdruck hingegen ist subtiler und wird oft nicht einmal bewusst als Druck wahrgenommen. Hier erfolgt die Anpassung an die Mehrheit freiwillig, fast automatisch. Als soziale Wesen neigen Menschen von Natur aus dazu, sich in eine Gruppe einzufügen und sich zumindest teilweise an deren Verhalten anzupassen. Der Druck der Mehrheit rührt also nicht unbedingt von Macht her, sondern von den natürlichen Instinkten des Menschen.

Die Wirkung eines solchen Drucks beruht auf dem Belohnungs- und Sanktionsprinzip. Jeder, der in eine Gruppe passt, wird im Prinzip mit Zugehörigkeit und damit Anerkennung und sozialer Unterstützung belohnt. Dies ist ein menschliches Grundbedürfnis. Schließlich konnte ein Mensch lange Zeit nur in einer sozialen Gruppe überleben. Andererseits werden Druckgegner mit dem Ausschluss aus der Gruppe bestraft.

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Journalist-writer

Zweifellos kann eine Person unter den Bedingungen moderner sozialer Sicherheit ohne soziale Unterstützung überleben. Unsere Instinkte haben jedoch noch nicht das entsprechende Niveau erreicht und befinden sich immer noch auf dem Niveau eines primitiven Menschen, der vor einem Säbelzahntiger flieht. Um Sanktionen zu vermeiden, passen Menschen ihr Verhalten, ihre Meinungen, Urteile, Einstellungen und Lebensnormen an, unabhängig davon, ob die auferlegten Normen ihren eigenen Überzeugungen widersprechen oder mit ihnen übereinstimmen. Wie zahlreiche Experimente und Studien gezeigt haben, ist es äußerst schwierig, sich dem Zwang zur Unterwerfung unter eine Person zu entziehen.

Eine Reise in den Konformismus

Das Thema Konformismus beschäftigt die Wissenschaft schon lange, denn im Laufe der Geschichte hat sich der Konformismus mehrfach von seiner hässlichsten Seite gezeigt – man denke nur an das Dritte Reich. Aus diesem Grund haben Wissenschaftler unzählige spannende und manchmal kontroverse Experimente durchgeführt, um den sozialen Druck zu untersuchen:

Experiment 1: Muzaffer Zerifs Information Social Influence Experiment, 1935

Eines der frühesten bekannten Experimente zum konformen Verhalten wurde 1935 von Muzaffer Serif, einem türkischen Sozialpsychologen, durchgeführt. Das Mittel zum Ziel war der sogenannte autokinetische Effekt, die Illusion der Bewegung leuchtender Punkte im Dunkeln. Den Grad der Bewegung solcher Lichtpunkte mussten die Versuchspersonen in Einzel- oder Gruppensitzungen auswerten. Die Schlussfolgerung wird nicht unerwartet sein: Die Ergebnisse der Gruppen zeigten deutliche Unterschiede zu den Ergebnissen der Einzelpersonen.

Experiment 2: Milgram-Experiment, 1961

Der Psychologe Stanley Milgram wollte diesen Effekt genauer untersuchen und führte das berühmte Milgram-Experiment durch, das bis heute wegen seiner Grausamkeit weltweit Schlagzeilen macht und zum Standardlehrplan vieler Kurse gehört.

Der Versuchsaufbau war einfach: Der Proband fungierte als Lehrer und stellte dem „Schüler“, der eigentlich ein Schauspieler war, verschiedene Aufgaben, um Wortpaare zu bilden. Wenn ein Schüler falsch antwortete, drückte der Lehrer den entsprechenden Knopf, der den Schüler angeblich mit einem Stromschlag schockte. Der Schauspieler, der natürlich keine Elektroschocks bekam, spielte zunehmende Schmerzen aus und bettelte sogar darum, das Experiment abzubrechen. Der Experimentator bat den Lehrer, fortzufahren, und versicherte ihm auch, dass er die volle Verantwortung für das Experiment übernehmen würde.

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Ratmir Belov
Journalist-writer
Das Ergebnis ist schockierend: Von 26 Personen brachen 14 Personen ab. Der Rest brachte das Experiment zu Ende – mit angeblich 450 Volt Spannung und trotz aller Schmerzensschreie. Genauere Untersuchungen führten schließlich zu dem Ergebnis, dass ausschlaggebend für die Durchführung oder Beendigung des Experiments durch den „Lehrer“ die situative Macht des Experimentators war. Das Schlüsselwort ist Machtdruck.

Experiment 3: Stanford-Gefängnisexperiment 1971.

Als Meilenstein der Wissenschaft gilt auch das weltberühmte Stanford Prison Experiment, das 1971 von Curtis Banks, Philip Zimbardo und Craig Haney an der gleichnamigen Stanford University durchgeführt wurde. An dem Experiment nahmen 24 Studenten ohne psychische oder andere Anomalien teil, die nach dem Zufallsprinzip in zwei verschiedene Gruppen eingeteilt wurden: Gefangene und Wärter.

Nach Unterzeichnung eines Verzichts auf ihre Rechte wurden die Gefangenen öffentlich festgenommen und in einer realitätsnahen Simulation in insgesamt drei Gefängniszellen festgehalten. Mit Gummiknüppeln bewaffnete Wachen wurden angewiesen, bei der Ansprache von Gefangenen nur eine Nummer anstelle eines Namens zu verwenden. Verschiedene Gruppen unterschieden sich auch in der Form voneinander.

Das Experiment konnte nur sechs Tage lang durchgeführt werden, danach wandelte sich die Demütigung der Gefangenen durch die Wachen in Sadismus und einen Versuch der Misshandlung. Die „Diagnose“ war eindeutig: Die Wachen hatten aufgrund des Konformismus ein einheitliches Rollenverhalten.

Konformität im 21. Jahrhundert: heute mehr denn je!

Wer aber denkt, dass die heutigen Generationen aus der Vergangenheit gelernt haben und der Matching-Effekt deshalb abnimmt, der irrt. Soziologen sind sich sicher, dass die Konformität zurückgekehrt ist und im 21. Jahrhundert so verbreitet ist wie nie zuvor. Das bedeutet nicht, dass sich die Geschichte wiederholt und in Gewalt oder Krieg enden muss. Vielmehr ist es eine subtilere Form der Korrespondenz. Laut Experten ist die „Jugend von heute“ angepasster und konservativer als ihre Eltern, Großeltern. Sie interessieren sich nicht für Politik, sind nur wenig in die Gesellschaft integriert und stellen stattdessen ihr persönliches und berufliches Wohlergehen an erste Stelle. Traditionelle Werte herrschen in der modernen Gesellschaft vor: Familie, Zuhause, harte Arbeit, Ehrgeiz, Disziplin und Sicherheit.

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Tatsächlich steht der ehrgeizigen Jugend die Welt offen. Sie kann als digitale Nomadin durch die Welt streifen, einen neuen Lebensstil ausprobieren oder mit anderen Glaubensrichtungen experimentieren. Kann politisch aktiv werden, Veränderungen bewirken oder gegen Unzufriedenheit rebellieren.

Konformität entsteht aus der modernen „Gesellschaft der Angst“

Ob Autorität oder Mehrheitsdruck: Auch im Berufsleben finden Sie Konformität in ihren unterschiedlichen Ausprägungen. Angst vor der Arbeit und ein bescheidenes Gehalt halten die Berufswelt neuerdings fest. Der Mechanismus, der funktioniert, ist so einfach wie logisch: Nachdem unsere Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg ständige Verluste erlitten hat, haben unsere Großeltern und Eltern hart daran gearbeitet, ein angenehmes Maß an Wohlbefinden wiederherzustellen. Und wer viel hat, kann bekanntlich viel verlieren.

Im Berufsleben äußert sich vor allem die Angst, den Job zu verlieren. Unbefristete Arbeitsverträge weichen holprigen Karrieren und Sparmaßnahmen führen immer wieder zu Stellenabbau oder Lohnkürzungen.

Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels: Der Fachkräftemangel wird immer sichtbarer. Das bringt Mitarbeiter in Vorstellungsgesprächen wieder in eine gestärkte Position, kann sich mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag die gewünschte Sicherheit geben, eine gute Bezahlung aushandeln oder sogar flexible Arbeitszeiten zugunsten der Work-Life-Balance arbeiten. Ist dies das Ende der Konformität?

Professionelle Compliance: Wie kann sich Druck von anderen auf Jobs auswirken?

Konformität wird nie ganz verschwinden, auch wenn die Generation Y von ihren Ängsten befreit wird. Denn Druck von außen ist, wie bereits beschrieben, ein fest verwurzeltes Phänomen im Menschen, das eines Tages sein Überleben sichern soll. Und auch heute noch spielt es im Berufsleben eine ähnliche Rolle: Mitarbeiter versuchen, durch passive Compliance ihr „soziales Überleben“ im Unternehmen zu sichern.
Ein weiteres Experiment verdeutlicht die Wirkung von Gruppenzwang auf die Arbeit: Aschs Konformitätsexperiment. Die Aufgabe war sehr einfach: Die Probanden wurden gebeten, zwei Linien aus vier Linien gleicher Länge auszuwählen.

Andere Personen im Raum wurden ausdrücklich aufgefordert, falsche Antworten zu geben. Die Ergebnisse überraschen nicht: Drei Viertel der Probanden gaben dem Gruppenzwang nach und gaben auch die falsche Antwort. Dafür gab es zwei Hauptgründe:

  1. Informationsabgleich: Die Probanden waren davon überzeugt, dass die Gruppenmeinung richtig sein muss, zumal viele Menschen nicht falsch liegen können. Somit änderte das Subjekt sein Verhalten und seine Meinung.
  2. Normative Einhaltung: Die Probanden waren sich der Täuschung ihrer Antwort bewusst, aber die Angst vor der Reaktion der Gruppe überwog. Das Subjekt änderte sein Verhalten, aber nicht seine Meinung.
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Ratmir Belov
Journalist-writer

Diese beiden Arten der Korrespondenz sind im Berufsleben immer häufiger zu beobachten. Das kann dazu führen, dass einzelne Mitarbeiter sich nicht trauen, eigene kreative Ideen zu entwickeln. Es ist auch möglich, dass keiner der Mitarbeiter des Leiters – sei es der Chef oder nur eine charismatische Autoritätsperson – es wagt, Einwände zu erheben, und so werden manchmal Fehler gemacht oder Gelegenheiten verpasst. Die Intelligenz der Gruppe, die eigentlich das Ergebnis der Heterogenität der Menschen im Team sein sollte, wird also durch Konformität zunichte gemacht.

Gruppenintelligenz – was bedeutet das wirklich?

Gruppenintelligenz wird auch als kollektive Intelligenz oder Gruppenintelligenz bezeichnet und beschreibt das Phänomen, dass „normale“ Organismen durch Kommunikation und entsprechendes Handeln zu einer Art „Superorganismus“ werden können. An einem Beispiel bedeutet dies: Eine Ameise ist ein begrenztes Lebewesen mit begrenztem Handlungsspielraum. Andererseits ist die Ameisenkolonie als Ganzes ein empfindungsfähiger und funktionsfähiger „Superorganismus“ ohne separate Individuen, d. h. Ameisen, die von sich aus intelligenter werden.

Das lässt sich natürlich auch auf die Arbeitswelt übertragen: Ein Mitarbeiter kann kein Unternehmen gründen. Erst die Kombination vieler unterschiedlicher Experten, Spezialisten, Führungskräfte und deren Zusammenspiel und Abstimmung untereinander machen sie zu einem funktionierenden Ganzen.

Konformität als Feind des Intellekts: Gemeinsam ist man dümmer!

Daher muss in einem Unternehmen, das nach dem Vorbild optimal funktioniert, das Team schlauer sein als jeder Einzelne im System. Aber hier kommt die Konformität ins Spiel: Die Wirkung der Schwarmintelligenz tritt nur ein, wenn jedes Mitglied der Gruppe sein eigenes Wissen oder seine eigene Meinung einbringt, ohne (vorher) von der Gruppe beeinflusst zu werden. Der kollektive Geist kann nur funktionieren, wenn Individuen unabhängig voneinander handeln.

Konformitätsprävention – Appell an Manager…

Daher sollte im Berufsleben der Einfluss des Korrespondenzmechanismus so weit wie möglich vermieden werden. In diesem Prozess wird besonders eine Führungskraft benötigt. Wie bereits erwähnt, wird Gruppendruck im Berufsleben vor allem durch eine Kultur der Angst geschürt, dh wenn ein Mitarbeiter um seinen Job, sein berufliches Ansehen oder sein finanzielles Wohlergehen fürchtet, sobald er oder sie sich gegen die Gruppe stellt Individuell. Was bedeutet das für eine Führungskraft? Um Konformität zu verhindern und somit die Intelligenz des Teams optimal nutzen zu können, sollten Sie:

  1. Hierarchien aufbrechen und Mitarbeitern die Möglichkeit der Anonymität bieten (z. B. für Ideen oder Verbesserungsvorschläge).
  2. Fördern Sie Mitarbeiter in persönlichen Gesprächen und laden Sie bei Bedarf Experten ein.
  3. Suchen Sie Autorität innerhalb des Teams und begrenzen Sie seinen Einfluss.
  4. Bestrafen Sie Fehler nicht, fördern Sie Innovation und Kreativität.
  5. Gewährleisten Sie eine professionelle Atmosphäre für jede Diskussion. Ggf. Mediator hinzuziehen, angenehme Atmosphäre schaffen.
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Ratmir Belov
Journalist-writer

Aber auch jeder, der sich selbst erkennen und verbessern möchte, kann sich auf seine Eignung testen: Austausch ist wichtig, und auch informational fit (Überzeugungskraft durch Argumente und Informationen) kann durchaus gefragt sein. Wenn Ihr Kollege das Thema, an dem Sie arbeiten, besser versteht als Sie selbst, ist Sturheit fehl am Platz, und eine Meinungsänderung bedeutet nicht, das Gesicht zu verlieren. Aber wenn Sie sich dem Gruppendruck unterwerfen, nur um Widerstand oder Mobbing zu vermeiden, sollten Sie die Alarmglocken läuten lassen. Wenn Sie von der Gruppe Druck verspüren, versuchen Sie, mit Ihrem Anführer persönlich zu sprechen.

Scheuen Sie sich nicht, gegen die Mehrheit anzugehen und schwimmen Sie notfalls auch alleine gegen den Strom. Schließlich tust du dem Unternehmen damit einen großen Gefallen. Und auch wenn es in deinem beruflichen Umfeld nicht geschätzt oder akzeptiert wird, bleibe dir wenigstens treu und werde dadurch langfristig glücklicher und gesünder. Wollen Sie wirklich (weiter) in einer Atmosphäre der Angst und Anpassung arbeiten? Ist es an der Zeit, den Job zu wechseln? Eigentlich hat man dann nichts zu verlieren, aber man kann viel gewinnen.

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